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Das Zuwendungsempfängerregister kommt – Die Spendenquittung geht!

08.08.2023 21.08.2023 MAECENATA STIFTUNG Zivilgesellschaft in der öffentlichen Debatte Demokratie Politik Zivilgesellschaft

Stellungnahme von Dr. Rupert Graf Strachwitz

Dem akribischen Monitoring der Allianz Rechtssicherheit für politische Willensbildung ist es zu verdanken, daß ein Gesetzgebungsprojekt von erheblicher Bedeutung für große Teile der Zivilgesellschaft relativ früh bekannt geworden ist: In einem 279 Seiten umfassenden Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums mit dem Titel  „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ (https://files.vogel.de/infodienste/smfiledata/1/9/6/7/8/0/236320.pdf) findet sich in Artikel 18 auf Seite 54 eine zunächst kaum verständliche „weitere Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes [1.1.2024]“. Worum es dabei geht, erschließt sich, wenn man bis S. 219 vordringt, wo folgende Erläuterung zu lesen ist:

„Das Zuwendungsempfängerregister ist das Kernelement eines modernen digitalen Spendennachweisverfahrens. Das Bundeszentralamt für Steuern baut das Register zum 1. Januar 2024 auf. Darin sind diejenigen steuerbegünstigten Körperschaften öffentlich erkennbar verzeichnet, die ihren Spenderinnen und Spendern für ihre Zuwendung einen Sonderausgabenabzug nach §§ 10b, 34g EStG vermitteln. Die für den Aufbau des Registers erforderlichen bestehenden gesetzlichen Normen werden aufgrund der aufbaubegleitenden vertieften fachlichen Erörterung der technischen Umsetzung überarbeitet, gestrafft und in den Tatbeständen zur sachlichen Zuständigkeit des Bundeszentralamtes für Steuern klarer gefasst.“

Das Projekt ist seit längerem bekannt und mehrfach in informellen Fachgesprächen vom zuständigen Referatsleiter im Bundesfinanzministerium erläutert worden. Das Zuwendungsempfängerregister, d.h. ein Online-Register aller Organisationen, die für erhaltene Zuwendungen (Spenden) Zuwendungsbestätigungen (Spendenquittungen) ausstellen, dient dazu, die manuelle Ausstellung dieser Bestätigungen durch Online-Meldungen an das Bundeszentralamt für Steuern zu ersetzen. Insofern ist die Neuregelung keine Überraschung, wohl aber, in welchem Zusammenhang sie jetzt auftaucht. Die Finanzverwaltung will das Register selbst aufbauen. Im Gegensatz zu den anderen ins Kraut sprießenden Registern ist keine Mitwirkung der betroffenen zivilgesellschaftlichen (und öffentlichen) Organisationen gefordert.

Für die Organisationen stellt die Neuregelung wahrscheinlich eine Arbeitserleichterung und Kostenersparnis dar. Denn die gebündelte elektronische Übermittlung von Daten ist allemal leichter als für alle etwas größeren Spenden manuell die Zuwendungsbestätigung auszustellen, zu unterschreiben und auf dem Postweg den Spenderinnen und Spendern zuzuleiten. Das gelegentlich vorgebrachte Bedenken, die Empfänger könnten sich dann nicht mehr „persönlich“ für die Spende bedanken, sticht nicht. Schon bisher mußte nämlich der Dank zusätzlich formuliert werden, weil die streng vorgeschriebene Form der Zuwendungsbestätigung hierfür keinen Raum bot. Das zu tun, bleibt dem Empfänger also auch künftig unbenommen; er sollte allerdings berücksichtigen, daß, wie mehrere wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben, den Spenderinnen und Spendern überwiegend die Verwendung für den Stiftungszweck wichtiger ist als der Dankesbrief. Daß andererseits die Finanzverwaltung, die Steuererklärungen nur digital entgegennimmt, ein hohes Interesse daran hat, dieses letzte Relikt der manuellen Erfassung von Steuererklärungen zu beseitigen, ist nachvollziehbar.

Für die Zivilgesellschaft, die Arena der Gesellschaft, in der und für die vor allem und notwendigerweise geschenkt und das heißt eben auch gespendet wird, rührt diese Umstellung durchaus an den Kern ihrer Arbeitsweise. Da sie nun einmal nicht wie der Staat auf zwangsweise eingehobene Steuern zurückgreifen kann und ihr zudem für den Verkauf von Dienstleistungen in ihrem Selbstverständnis und vom Gesetzgeber enge Grenzen gesetzt sind, bildet die Akquise von Spenden eine wichtige, für viele zivilgesellschaftliche Akteure die einzige Möglichkeit, die Erfüllung ihrer Zwecke zu finanzieren. Sie sind, oft zu ihrem Leidwesen, gezwungen, einen großen Teil ihrer Zeit und Arbeitskraft auf diese Akquise zu verwenden. Die Umstellung des Systems der steuerlichen Abzugsmöglichkeit ist daher ein großer Schritt, den die Organisationen wohlvorbereitet gehen und den sie ihren Spenderinnen und Spendern, weit überwiegend juristischen und steuertechnischen Laien, ausführlich und sensibel erläutern müssen.

Es ist daher unverständlich, warum die gesetzliche Grundlage dafür in einem langen Artikelgesetz geschaffen wird, wo dies nicht wahrgenommen wird und das in (fast) allen der zahlreichen anderen Punkten steuerpflichtige Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger und eben nicht zivilgesellschaftliche Akteure betrifft. Sie hätte es verdient, in einem eigenen Gesetzentwurf dem Parlament vorgelegt oder mit der seit langem überfälligen, aber nach wie vor an politischem Desinteresse scheiternden größeren Reform des Gemeinnützigkeitsrechts verbunden zu werden.

Es steht angesichts der Fülle der Einzelheiten im anstehenden Gesetzentwurf zu erwarten, daß dieser Punkt das parlamentarische Verfahren kommentarlos durchläuft, dies um so mehr, als der Vollzug des neuen Nachweissystems noch völlig offen ist und das Thema daher noch ganz und gar abstrakt erscheint. Von dem im Koalitionsvertrag vom 6. Dezember 2021 angekündigten „Mit der Zivilgesellschaft“ ist diesbezüglich nichts zu spüren. Ihre über 600.000 kollektiven Akteure können aber erwarten, daß mit ihnen bzw. ihren Experten und Verbänden über den Vollzug rechtzeitig und intensiv gesprochen und daß ihnen hinreichend Zeit eingeräumt wird, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen.


Für Rückfragen steht zur Verfügung: Dr. Rupert Graf Strachwitz: rs@maecenata.eu


Diese Stellungnahme wurde ursprünglich als Pressemitteilung am 08.08.2023 veröffentlicht 

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